Investitionen und Krise? Ja, das geht.

Mehr als das Beste aus der Krise machen

Krisen kommen und gehen. Weltweit kommt es ständig zu verschiedenen Krisen, sie sind nichts Einzigartiges oder Seltenes. Rezession, Krieg, Rekordinflation vor allem bei fossilen Energieträgern und Kaufkraftverlust: Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) erwartet für 2023 ein schwieriges Jahr.

Eine Untersuchung der Harvard Business School und der Haskayne School of Business von Unternehmen während der Finanzkrise 2007 – 2009 (durchgeführt von Vijay Govindarajan, Anup Srivastava und Aneel Iqbal) zeigte die Notwendigkeit von Investitionen während der Finanzkrise. Die Untersuchung legte ihr Augenmerk auf mittelgroße Unternehmen aus stark von der Rezession betroffenen Branchen, wie den Flugzeug- und Schiffbau, die Automobilindustrie und die Gastronomie. Es wurde bei den getätigten Investitionen zwischen den folgenden 3 Kategorien unterschieden:

  • Investitionen in Infrastruktur (z. B. Gebäude, Maschinen)
  • Ökonomische Kompetenzen (z. B. Innovation, Kundenakquise, Schulungen)
  • Anzahl Mitarbeiter*innen

Das Ergebnis: Nach der Rezession waren in allen drei Kategorien die Unternehmen erfolgreicher, welche der Rezession mit einer Erhöhung der Investitionen entgegnet sind, welche versucht haben, den Personalstand in der Krise beizubehalten und welche in der Krise verstärkt in Marketing investiert haben. Die Marken werden in der heutigen schnelllebigen Welt schnell vergessen. Jene Marken, die auch in Krisenzeiten stets in den Medien präsent sind, sind die ersten, die bei der sicher eintretenden Erholung der Wirtschaft, gekauft werden.

Investitionsprinzipien in Krisenzeiten im Überblick

1. Frühzeitig handeln

Unternehmen tendieren in Krisenzeiten zu einer beobachtenden und abwartenden Haltung, was oft nicht hilfreich ist und sogar negative Folgen mit sich bringen kann. Je später auf Anzeichen von Veränderungen reagiert wird, umso geringer und kürzer ist der Handlungsspielraum. Wer sich frühzeitig und proaktiv auf Veränderungen vorbereitet, kann diesen am besten entgegnen und Chancen erkennen. 

2. Szenario-Planung

Krisen verändern oft den Markt, die Kundenbedürfnisse und das Konsumverhalten. Eine von McKinsey am Anfang der Covid-Pandemie durchgeführte Studie zeigte, dass 85% der befragten Führungskräfte damit rechnen, dass die Pandemie die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden in den nächsten Jahren beeinflussen wird. Gleichzeitig fühlen sich nur wenige Unternehmen auf Grund fehlender Ressourcen für diese Veränderungen gewappnet.

Die Kernfrage bei der Entscheidungsfindung bei Investitionsvorhaben lautet: Wie könnte das für mein Unternehmen relevante Umfeld zukünftig aussehen? Hier kommt die Szenario-Planung zum Einsatz: Ziel ist dabei nicht eine Zukunftsprognose anzustellen, sondern besser mit Unsicherheit umzugehen, Veränderungen zu antizipieren und proaktiv zu handeln. Am besten identifiziert und filtrt man die potenziellen Szenarien, priorisiert sie anschließend und initiiert dann passende Strategien und Maßnahmen, um von ihnen zu profitieren.

3. Selbstanalysen

 Wirtschaftliche Krisen bieten immer die Gelegenheit, sich selbst auf den Prüfstand zu stellen. Die kritische Analyse der verschiedenen Geschäftstätigkeiten, der Produktpalette und althergebrachter Abläufe zeigt oft Ridondanzen oder Ineffizienzen auf. Auch ergeben sich daraus Erkenntnisse dazu, was das Unternehmen im Kerngeschäft richtig beherrscht, und was in guten Zeiten nur zufällig aber ohne Wettbewerbsvorteil betrieben wird. Krisen sind immer auch eine gute Gelegenheit, das Unternehmen neu zu erfinden. Nokia war ein gutes Beispiel. Vom Stiefelproduzenten ist das Unternehmen in den 90er Jahren zum wichtigsten Handyanbieter weltweit aufgestiegen, versäumte dann aber eine weitere Reform im Smartphone Bereich, wurde aber nun ein wichtiger Telekommunikationsausrüster im 5G Bereich.

4. Antizyklische Finanzgebarung

Das Sprichwort „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“ gilt nicht nur für Familien, sondern auch für Unternehmen. Investitionen muss man sich in Krisenzeiten natürlich auch leisten können. Daher sollen Unternehmen in guten Zeiten stets etwas zur Seite legen, und nicht alle Gewinne ausschütten. Denn die nächste Krise kommt bestimmt. Und wenn man in diese mit leeren Taschen eintaucht, ist auch ein Überstehen trotz Sparmaßnahmen eher schwierig, insbesondere, wenn die Krise tiefer und länger dauert als ursprünglich angenommen.

5. Akquisitionen und Verkäufe

In vielen Unternehmen werden in Krisenzeiten laufende Projekte eingefroren oder ganz eingestellt und vor allem neue Projekte nicht initiiert. In einer von EY durchgeführten Studie, bei welcher 760 CEOs weltweit zu Investitionsvorhaben und den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie im August 2022 befragt wurden, zeigte sich: Mehr als zwei von fünf Konzernen haben geplante Investitionen aufgeschoben. Krisenzeiten bieten beispielsweise eine gute Gelegenheit für Akquisitionen. Es können Unternehmen oder verschiedenste Vermögenswerte gekauft werden, die zuvor unverkäuflich oder schwer erschwinglich waren. Unternehmen sollten sich in solchen Zeiten oft die Frage wie wichtig bestimmte Geschäftsbereich oder Besitztümer sind und ob ein möglicher Verkauf sinnvoll sein könnte.

Auf die Frage in welche Bereiche die Unternehmen weltweit in den nächsten 6 Monaten investieren wollen, antwortete die Mehrheit (32 %) in der Studie von EY, dass sie in Digitaltechnik und Technologie investieren.

6. Die richtigen Köpfe halten oder finden

Stellen abbauen und Recruiting-Aktivitäten zurückfahren? Dies ist nicht immer der richtige Weg, auch wenn Kosten eingespart werden müssen. Wichtig ist es nämlich schlaue Köpfe zu halten, welche in der folgenden Aufschwung Phase dann nicht mit viel Mühe wieder angeworben werden müssen, um die Entwicklung und Umsetzung der neuen Ideen vorantreiben. Man spart mit Entlassungen wohl kurzfristig Belastungen, verpasst dadurch aber lange Zeit den Aufschwung, bei dem man diese Mehrbelastung wieder mehr als wett macht. Antizyklisch denkende Unternehmen stellen angesichts eine sehr umsichtigen und längerfristigen Personalplanung in Krisenzeiten Personal ein, das in Boom-Zeiten nur schwerlich zu finden ist und nutzt die Krisenzeit für sowieso anfallende Einführungs- und Ausbildungszeiten. In der Boomzeiten können solche Unternehmen dann aus dem Vollen schöpfen. Eine ausführliche Personalplanung und eine Priorisierung der geplanten Neueinstellungen erleichterten die effiziente Rekrutierung.Ein interessantes Beispiel für Personalaufbau in der Krise ist Samsung: Das Unternehmen stellte während der Finanzkrise 2008-2009 Top-Markenmanager ein und entwickelte sich zu einem wichtigen Akteur auf dem Mobiltelefonmarkt.

7. Perspektiven und Denkweisen

Neue Denkansätze und Lösungen werden benötigt, um Resilienz in einer Krise zu entwickeln und alternative Wege einschlagen zu können. Die Dekonstruktion der Gegenwart, welche anfangs eher Probleme mit sich bringt, gestaltet die Chancen der Zukunft. In Sachen Unternehmensplanung können auch neue Ansätze ausprobiert werden. Anstatt einen divergierenden Ansatz, wie die Top-Down-Planung zu verfolgen, kann ein Bottom-Up-Ansatz, bei dem die Ziele auch auf den unteren Ebenen des Unternehmens festgelegt werden, hilfreich sein. Je nach wirtschaftlichem Umfeld kann es zielführend sein, entweder die Unternehmensführung zu straffen und hierarchischer zu gestalten, oder aber zu einer Delegierung von immer mehr Entscheidungsbefugnissen an untere Ebenen aufzuschließen, um die Entscheidungswege zu verkürzen und daher auch Reaktionswege effizienter zu gestalten.

8. Risiko des Nicht-Investierens

Eine wesentliche Frage, der man sich stellen muss: Wie groß ist das Risiko des Nicht-Investierens?

Oft liegt der Fokus auf dem finanziellen Risiko, da die erwartete Rendite der eventuell geplanten Investition kurzfristig nicht erzielt werden kann. Was man aber auch nicht vergessen darf, ist das Wettbewerbsrisiko, welches sich durch ein Unterlassen der Investitionen des Unternehmens verschlechtern kann. Gleichzeitig sind heute getätigte Investitionen, stets als Investitionen in die Zukunft zu denken, insbesondere wenn sie strategische Bedeutung haben. Für Unternehmen gilt es, das Finanzrisiko und das Wettbewerbsrisiko ins Gleichgewicht zu bringen.

9. Portfoliomanagement

Von besonderer Bedeutung bei den Investitionsstrategien ist das Portfoliomanagement. Dieser Ansatz stammt ursprünglich aus dem Bereich der Finanzstrategie. Anstatt das gesamte Vermögen in eine einzige Anlageform zu investieren, sollte es über verschiedene Anlagen (z. B. Aktien, Immobilien) gestreut werden, um somit das Risiko und die Rendite des Portfolios zu steuern. Das Portfoliomanagement kann bei der Auswahl, Priorisierung und Initiierung der richtigen Investitionsvorhaben sowie bei der Zuteilung von Ressourcen auf die jeweiligen Vorhaben eine Hilfe sein. Eine genaue Untersuchung von Rendite und Risiko und dem Abwägen zwischen unterschiedlichen Investitionsvorhaben ist dabei wichtig. Es gilt unter anderem, einen ausgewogenen Mix zwischen Investitionen in Weiterentwicklungen des Bestandsgeschäfts (z. B. durch Digitalisierungsmaßnahmen und die Anpassung von Vertriebskanälen) und den Aufbau neuer Wachstumsfelder zu erreichen. Beispielsweise zeigte die McKinsey Studie, dass Unternehmen, die erfolgreich aus der Finanzkrise (2007 – 2009) herauskamen, öfter Unternehmen und andere Vermögenswerte veräußerten als die weniger erfolgreichen Unternehmen. Das zeigt, dass ein erfolgreiches Unternehmen nicht an Belastungsfeldern festhalten sollte, sondern die Tätigkeitsfelder ganz klar bewerten sollte, wo Gewinne nach der Krise wahrscheinlich oder sicher sind, und wo solche beinahe nicht mehr zu erzielen sind.

Fazit:

Krisen sind Zeiten fürs Umdenken und das Suchen nach potenziellen Chancen. Gewinner-Unternehmen sind jene, welchen die Balance zwischen kurzfristigen Maßnahmen zur Existenzsicherung und gleichzeitig das Einnehmen einer neuen langfristigen Perspektive und deren Implementierung durch bestimmte Investitionen gelingt.

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Quellen:

 

 

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