Unser Geld versetzt Bäume

Raiffeisenkasse Bozen finanziert gemeinsam mit AnlegerInnen 10.000 Jungpflanzen für den Vinschgauer Sonnenberg

‚Der beste Zeitpunkt einen Baum zu pflanzen ist 20 Jahre her, der zweitbeste Zeitpunkt ist jetzt (chinesisches Sprichwort)‘ – Mit dieser Überzeugung zum Klimaschutz beizutragen, machten sich 40 begeisterte Anleger*innen und Mitarbeiter*innen der Raiffeisenkasse Bozen und Meran Anfang Mai  ins Vinschgau auf. Denn sie wollten aktiv dabei sein, die über ihre Festgeldanlage bei Ethical Banking/Raiffeisenkasse Bozen finanzierten Jungbäume am Allitzer Sonnenberg selbst zu „versetzen“.

Denn dort auf den „Vinschger Leiten“ sind die Auswirkungen des Klimawandels an den künstlich angelegten Nadelwaldbeständen bereits sichtbar. Betroffen davon sind die nicht heimischen Schwarzkiefernbestände. Diese wurden im Zuge eines großangelegten Aufforstungsprogramms in den 1950iger und 1960iger Jahren auf ca. 900 Hektar angelegt. Diente das damals als effektiver Schutz gegen Erosion, Steinschlag und Murgänge, leidet dort heute die ansonsten schon sehr trockenresistente Schwarzkiefer an der extremen Hitze und den niedrigen Niederschlägen. Vor allem aber setzt ihr der Kiefernprozessionsspinner zu, der die Schwarzkiefernbestände nach und nach zusammenbrechen lässt.

Diese Bestände in Laubmischwälder umzuwandeln, unterstützt die Aktion ‚Bäume statt Zinsen‘. Im Laufe der nächsten fünf Jahre pflanzt das Forstinspektorat Schlanders 10.000 klimaresistente und standortsangepasste Laubbäume. Sie werden dem Vinschgauer Sonnenberg Zukunft geben, Erholungsraum schaffen, für Biodiversität und die Erfüllung der ökologischen Schutzfunktionen des Waldes sorgen. Mit ihrem Verzicht auf Zinsen und einer Mindesteinlage von 5.000€ finanzierten Kund*innen von Ethical Banking mit je 1.000€ den Ankauf und die Pflegekosten für einen Jungbaum. Nach Einführung vom Amtsdirektor Georg Pircher und angeleitet von den lokalen Förstern traten die Teilnehmenden mit Spaten und Hacke an, ihre Bäumchen in die bereits ausgehobenen Pflanzlöcher zu „versetzten“. Flaumeiche, Vogelkirsche, Blumenesche und zahlreiche andere heimische Laubbaumarten fanden in der gegen Wildtiere abgezäunten Laubwaldzelle am Vinschgauer Sonnenberg ihr neues Zuhause. Amtsdirektor Georg Pircher zeigt sich begeistert von der Initiative:  „Dieses Projekt ist ein weiterer wichtiger Puzzlestein zur Umwandlung der sonnseitigen Föhrenwälder in naturnahe laubholzreiche Mischwälder. Das konkrete Engagement und der Einsatz der Raiffeisenkasse und ihrer KundInnen hilft uns einen Wald zu sichern, welcher den zukünftigen Herausforderungen durch den Klimawandel gewachsen ist und weiterhin alle seine Funktionen erfüllen kann.“

Christian Hoffmann und Lion Glückert, zwei Forscher vom Eurac-Institut für Regionalentwicklung, wollen mehr über die Pflanzaktion wissen. Über einen Fragebogen erfahren sie von den Teilnehmer*innen die Motive und verstehen die Gründe für das Mitmachen bei dieser Initiative „Bäume statt Zinsen“. Gefragt wurde auch nach der Bereitschaft weitere ökologische oder soziale Projekte zu finanzieren.

Die Forscher nutzten die Gelegenheit, die interessierten Teilnehmer*innen über das aktuelle Thema Borkenkäferbefall in Südtirols Wäldern zu informieren: Welche Bedeutung dem kleinen Käfer in „Normalzeiten“ zukommt; wie der Klimawandel die Biologie des Käfers begünstigt, der jeweils auf eine Wirtsbaumart spezialisiert ist; wie er Pheromone zur Kommunikation mit Artgenossen, zum Finden eines Partners oder von befallstauglichen Bäumen nutzt; wie sich der Baum gegen den Käfer verteidigen kann; oder wie bei erfolgreichem Befall im Bast unter der Rinde das typische Fraßbild sowie Mutter- und Larvengänge für bis zu 80 Eier entstehen, aus denen in 8-12 Wochen fertige Jungkäfer werden; und wie schließlich bei günstigen Bedingungen das exponentielle Wachstum der Käferpopulation verläuft, der in Südtirol inzwischen mehr als 6.000 Hektar Wald zum Opfer gefallen ist. Trotz beunruhigender Daten zeigen Forschungsergebnisse, dass Borkenkäferpopulationen nach einem Zeitraum zwischen drei bis vier Jahren zusammenbrechen und die Populationsgröße auf ein „Normalmaß“ zurückgeht, wenn kein neues Brutmaterial infolge von Windwurf oder Schneebruch zur Verfügung steht.

Sonnenausgesetzte, trockene Waldbestände sind besonders gefährdet, zusammenzubrechen. Sie sind auf eine Umwandlung ihrer Baumartenzusammensetzung in der nächsten Generation angewiesen. Da die natürliche Sukzession nicht mit den sich rasch verändernden klimatischen Bedingungen mithalten kann, brauchen diese Bestände Unterstützung. Die neu bepflanzte Laubwaldzelle am Allitzer Sonnenberg bildet dafür nun ein Trittsteinelement, die Schwarzkiefernbestände der „Vinschger Leiten“ in ein an den Klimawandel angepasstes Waldökosystem umzuwandeln. Diese „Bestandeszelle“ ist widerstands- und anpassungsfähiger als ein reiner Schwarzkiefernwald. Ausgehend von diesen Zellen entstehen dann bestandesbildende Laubmischwälder, die den Bewohner*innen des Vinschgaus noch in vielen Jahren Schutz bieten und als Erholungs- und Freizeitort dienen werden.

 

Autoren: Lion Glückert & Christian Hoffmann