Die Raiffeisenkasse Schnals

Der Grundstein für die Raiffeisenkasse Schnals

Die Wirtschaft des Schnalstales Anfang des 19. Jahrhundert wurde durch das Fehlen der Straße ins Tal sehr gebremst. Der gesamte Waren- und Güteraustausch war nur mit Saumtieren oder Kraxträgern zu bewältigen.

Erst in den Jahren 1872-1875 wurde der Bau der Straße von den Gemeindevorstehern vorangetrieben und durchgeführt. Die Kosten dafür wurden von den Schnalser Gemeinden selbst getragen. Noch Jahrzehnte nach dem Bau, litten die Gemeinden an den hohen Baukosten, wodurch viele Bürger zum Abwandern gezwungen waren und die Zahl der Einwohner in wenigen Jahren von 1.283 (1850) auf 1.058 (1900) sank.

Die Anfänge der Raiffeisenkasse Schnals

Die Schnalser Bürger folgten aufgrund ihrer schwierigen Lage sehr früh anderen Gemeinden mit der Gründung eines Selbsthilfevereines nach Wilhelm Raiffeisen.

Am 29. September 1900 wurde somit der „Spar- und Darlehensverein für die Gemeinde Schnals“ von folgenden 20 mutigen Damen und Herren aus dem Tal gegründe

  1. Tappeiner Anton, Besitzer,  Karthaus
  2. Grüner Peter, Karthaus Nr. 24
  3. Santer Josef, Tanzhauser, Unser Frau
  4. Raffeiner Peter, Bitairer, Unser Frau
  5. Kofler Matthias, Schmied, Katharinaberg
  6. Grüner Maria, Wirtin Karthaus
  7. Raffeiner Josef, Müller, Karthaus
  8. Spechenhauser Josef, Josefheim, Unser Frau
  9. Spechtenhauser Simon, Oberörfer, Unser Frau
  10. Gurschler Josef, Finailer, Unser Frau
  11. Santer Sebastian, Gfaller, Unser Frau
  12. Nischler Anton, Bergführer, Karthaus
  13. Nischler Wendelin, Bergführer, Karthaus
  14. Kofler Engelbert, Bitaler, Katharinaberg
  15. Rainer Peter, Unterpifrailer, Unser Frau
  16. Raffeiner Alois, Besitzer, Karthaus
  17. Santer Zachäus, Besitzer, Karthaus
  18. Weithaler Ignaz, Besitzer, Karthaus
  19. Raffeiner Anton, Schuhmacher,  Unser Frau
  20. Rainer Nikolaus, Zimmermann, Unser Frau

Der neugegründete Spar- und Darlehensverein für die Gemeinde Schnals hatte seinen Sitz in Karthaus im Haus des Grüner Peter und fand großen Anklang bei der gesamten Bevölkerung des Tales.

Rückschläge

Nach den großen Verlusten des ersten Weltkrieges, zerstörte im November 1924 ein verheerender Brand das gesamte Dorf Karthaus und den Kassensitz des Spar- und Darlehensvereines. Das gesamte Inventar des Kassaraumes, das lagernde Bargeld, das Kassabüchlein, die Wertsachen und Geschäftsbücher fielen den Flammen zum Opfer. Der Spar und Darlehensverein stand somit vor dem Nichts und musste ab diesem Tag wieder von vorn anfangen.

Mit der Vollversammlung von 24. Mai 1925 wurde die Firmenbezeichnung in „Cassa Rurale per il Comune di Senales, consorcio [sic!] registrato a garanzia ilimitata“ abgeändert.

Trotz der vorherrschenden Geldnöte entschlossen sich einige ortsansässige Bauern in den Jahren 1930/1931 auf Eigeninitiative eine Straßentrasse anzulegen. Finanziert wurde diese Projekt durch die Bauern selbst, da der Bau der Trasse längst überfällig war und der staatliche Zuschuss zu lange auf sich warten ließ.

Neuer Kassensitz

Mit den laufenden Kosten der Projekte, fehlte das Geld an allen Enden und die Raiffeisenkasse Schnals musste 1933 einen Kredit von ca. 55.000 Lire aufnehmen um bestehende Kredite nicht sofort eintreiben zu müssen. Daraufhin wurde der Kassensitz nach Unser Frau in das ehemalige Gasthaus Unterwirt verlegt.

Die Mitglieder der damaligen Raiffeisenkasse verpflichteten sich, die Haftung für die eventuellen Verluste der gegebenen Darlehen zu übernehmen und übernahmen des Weiteren auch jenen Teil der Verluste, welcher entweder gänzlich oder teilweise von zahlungsunfähigen Mitgliedern uneinbringlich war. Bereits im Jahre 1935 konnten alle Darlehen auf Liegenschaften sichergestellt werden.

Deutliche Verbesserung

Ab 1945 machte sich eine deutliche Verbesserung der finanziellen Verhältnisse bemerkbar. Durch den Vernagter Stauseebau wurde ein sprunghafter Anstieg der Spareinlagen verzeichnet und erstmals wurden viele Darlehen und Kredite für Hausbauten und den Ankauf von ersten Kraftwagen und Autobussen durch „Schnalser Autobus Gesellschaft“ gewährt.

1955 trat die damalige Raiffeisenkasse Schnals dem Landesverband der Südtiroler Landwirtschaftlichen Genossenschaften und bereits einige Jahre später, 1960, machte sich der Fremdenverkehr im Tal schon so stark bemerkbar, dass sich einzelne Talbewohner dazu entschlossen zu investieren.

Durch die zunehmende Inanspruchnahme der Kasse wurde 1963 Baugrund von Herrn Johann Gurschler (Oberniederhof) zu Errichtung eines eigenen Kassagebäudes erworben. Im selben Jahr wurden die Kassaöffnungszeiten angepasst. Die Zeiten für Kundenverkehr waren ab diesem Zeitpunkt immer Sonntags von 9.00 - 13.00 Uhr und Donnerstags von 8.00 - 12.00 Uhr und von 13.00 - 15.00 Uhr. 1964 folgte der Baubeginn und bereits 1966 konnte das neue Kassagebäude feierlich eingeweiht werden.

Nach dreijähriger Tätigkeit im neuen Gebäude nahm die Zahl der Buchungen mit jedem Jahr so stark zu, dass die Kassa nun auch unter der Woche öffnen musste. Die neuen Kassazeiten waren nun Montag bis Freitag von 9.00 - 12.00 Uhr und von 15.00 - 16.00 Uhr.

Die Rettung des Tales

Die 60er Jahre waren erneut eine schwierige Zeit für die Schnalser Bevölkerung. Der Fremdenverkehr setzte nur zögernd ein und die Fertigstellung des Stausees hatte zur Folge, dass im Tal fast keine Arbeit mehr zu finden war. Die Rettung des Tales: der Ausbau des Fremdenverkehrs.

Mit den 70er Jahre kam ein enormer Aufschwung ins Tal. Es wurden vermehrt Fremdenzimmer eingerichtet, kleine Skilifte gebaut und die Straße bis Kurzras wurde ganzjährig befahrbar gemacht. 

1973 beschloss man als Gründungsmitglied der Raiffeisen Zentrale Südtirol AG beizutreten. Nach der Erschließung des Hochjochgletschers entstanden wieder viele Arbeitsplätze und viele Gäste wurden ins Tal gelockt. Durch den Bau und die Inbetriebnahme der Gletscherbahn, steigerte sich das Geschäftsvolumen und die Inanspruchnahme der Raiffeisenkasse Schnals, was einen Umbau und Modernisierung im Jahre 1977 zur Folge hatte.

Bereits zwei Jahre später verzeichnete man einen Anstieg von 87% der Einlagen und Ausleihungen, wegen der sprunghaften Zunahme der Bautätigkeit im gesamten Tal. Es enstanden zahlreiche Hotel- und Appartementkomplexe, bestehende Betriebe wurden vergrößert und unzählige private Wohnbauten errichtet.

Durch den wirtschaftlichen Aufschwung wurde bald der Wunsch nach einer Zweigstelle geweckt. Im Jahre 1985 wurde dann in der Ortschaft Kurzras eine Zweigstelle eröffnet und der technische Fortschitt führte zu einem erneuten Umbau des Kassengebäudes in Unser Frau und die Anpassung an das Computerzeitalter im Jahre 1989. 1993 wurde noch die Filiale Karthaus errichtet und 1994 eine neues EDV-System eingeführt.

In all den Jahren bewiesen die Bürger des Schnalstales immer wieder aufs Neue ihre Eigeninitiative, ihren Zusammenhalt und ihren unerschütterlichen Mut.

Sie bewiesen schon damals, dass man g e m e i n s a m . stärker ist.

Trotz vieler herber Rückschläge besteht die Raiffeisenkasse Schnalstal bis heute noch und steht finanziell gut dar. Den 20 mutigen Damen und Herren von 1900 gilt der Dank der gesamten Dorfgemeinschaft.

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