
"KONGLOMERAT" Substantiv, Neutrum [das]; Bedeutung:
1. bildungssprachlich: Gemisch [aus sehr Verschiedenartigem]; Zusammenballung "die Hauptstadt ist ein Konglomerat aller möglichen Nationalitäten"
2. Geologie: grobkörniges Sedimentgestein aus Geröllen, die durch kalkige, kiesartige o.ä. Bindemittel verkittet sind
Die Bergwelt rund um Kastelruth ist geprägt von markanten geologischen Formationen, die seit jeher mit Mythen und Sagen verwoben sind. Schon früh begannen die Menschen, die einzigartigen Gesteinsformationen der Region mit Geschichten zu füllen. Dort, wo sich Wissenschaft und Sage begegnen, entsteht ein Zwischenraum: aus Fakten werden Mythen, aus Gestein wird Erzählung. Diese Verbindung von Landschaft, Wissenschaft und Erzähltradition bildet den Ausgangspunkt und Inspiration für die neue Sitzskulptur in der Raiffeisenkasse Kastelruth-St. Ulrich.
Im Mittelpunkt der raumumfassenden Installation steht eine Bank aus sechs regionalen Natursteinen, welche Bezug auf die Hexenstühle in Tiosels und die sagenumwobenen Hexensessel auf dem Puflatsch nehmen. Die eng aneinandergereihten Steine fügen sich zu einem geschlossenen, kraftvollen Volumen. Ein Ruhepunkt inmitten der Bewegung, ein kraftvoller Fixpunkt im offenen Raum der Eingangshalle.
Die Sitzflächen sind mit Wollfilz-Polstern versehen. Ihre Stickereien orientieren sich an Zeichnungen geologischer Schichtmuster, einem wissenschaftlichen Querschnitt des Gemeindegebietes, die dem Kastelruther Gemeindebuch entnommen wurden.
Zwei in Silber gegossene Skulpturen ergänzen das Ensemble und öffnen weitere narrative Ebenen zu den lokalen Sagen: Es sind Darstellungen zweier alpiner Pflanzen, im Volksmund „Schlernhexe“ genannt – der Alpen-Grasnelke (Armeria alpina) und der Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris). Ihr volkstümlicher Name rührt von den zotteligen Fruchtständen her, die im Bergwind tanzen wie das zerzauste Haar der Hexen. Man erzählt sich, der Wind selbst hauche ihnen Leben ein, wenn er durch die Mähnen fährt, die in den Bergen flüstern und rauschen.
An den Wänden verweisen Fotografien auf Mythenorte im Schlerngebiet – etwa den Tschonstoan oder die Hexennägel. Diese geologischen Besonderheiten sind eng mit den Sagen Kastelruths verknüpft, die seit Jahrhunderten Anlass zu Deutung geben. Zusammen mit den Sitzbank, den skulpturalen Elementen und den textilen Motiven entsteht ein vielschichtiges Erzählgefüge, das Raum und Landschaft miteinander verwebt. So entsteht ein Dialog, ein räumliches Geflecht das ein Echo der Landschaft birgt.
Die Fotokünstlerin Jasmine Deporta (1989, Villnöss) und der Produktdesigner Silvio Rebholz (1993, Balingen) erforschen als Duo die Berührungspunkte ihrer Disziplinen. In ihrem ersten gemeinsamen Arbeit, dem Kurzfilm La Grange, setzen sie sich mit dem Werk des französischen Designers Erwan Bouroullec auseinander. ‚Konglomerat‘ ist ihre erste plastische Arbeit. Sie leben und arbeiten in Lausanne.
Das Kunststück kann ab Donnerstag, 31. Juli 2025 in unserem Hauptsitz in Kastelruth betrachtet und genutzt werden.