200 Jahre F. W. Raiffeisen
„Die Kraft einer Idee“: Hat Genossenschaft Zukunft?

Brixen, 05.10.2018: Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums von Friedrich Wilhelm Raiffeisen lud die Raiffeisenkasse Eisacktal Kunden, Mitglieder und Interessierte zu einem Diskussionsabend über die Zukunft der Genossenschaft ein. Unter dem Motto „Die Kraft einer Idee“ reflektierten Experten und Genossenschaftsvertreter über Herausforderungen und Chancen dieses Organisationsmodells und seine Bedeutung für die Wirtschaft und Gesellschaft im 21. Jahrhundert.

Die Genossenschaft – eine 200-jährige Erfolgsgeschichte

Den Einstieg ins Thema machte der Genossenschaftsexperte Justus Reichl vom Österreichischen Raiffeisenverband, indem er einen Grundriss der beispiellosen Entwicklung und Umsetzung der Genossenschaftsidee in der Welt zeichnete. Anhand der persönlichen Geschichte des Sozialreformers und Mitbegründers des Genossenschaftswesens Friedrich Wilhelm Raiffeisen zeigte Reichl die Überlegungen hinter der Gründung der ersten Genossenschaften. Darüber hinaus reflektierte er über aktuelle Themen und beleuchtete in diesem Rahmen auch kritisch die kontrovers diskutierte Macht von Raiffeisen in Österreich.

Genossenschaften im Zwiespalt – ein Strategievorteil für ihre Zukunft?

Unter der Moderation des Genossenschaftsexperten Justus Reichl setzten sich die Teilnehmer der anschließenden Diskussionsrunde mit den Gegensätzen auseinander, mit denen Genossenschaften in der heutigen Welt konfrontiert sind. Der Obmann des Milchhofs Brixen, Klaus Faller, der Generaldirektor des Raffeisenverbandes Südtirol, Paul Gasser, Barbara Pizzinini von der Sozialgenossenschaft Eos und Peter Winkler, Präsident der Raiffeisenkasse Eisacktal, beleuchteten dabei aus ihrer persönlichen Perspektive unter anderem den Zwiespalt zwischen genossenschaftlichen Werten und betriebswirtschaftlichem Erfolgszwang oder die Widersprüchlichkeit zwischen den Trends Globalisierung und Regionalität sowie Digitalisierung und analoger Realität.

Insgesamt erkannten die Diskussionsteilnehmer gerade in der Vielfalt an bewiesenermaßen vereinbaren Gegensätzen die große Stärke des Genossenschaftsmodells im 21. Jahrhundert. So ermöglichen die Prinzipien der Gegenseitigkeit und der Solidarität den lokal verwurzelten Genossenschaftsmitgliedern Zugang zu größeren, auch internationalen Märkten oder die Verteilung der finanziellen Lasten für Investitionen oder soziale Initiativen auf eine Vielzahl von Mitgliedern. Dieser strategische Vorteil, so die Diskussionsteilnehmer, sei von unschätzbarem Wert und möglicherweise ebenso ein Ansatz für Lösungen in Bereichen wie der ärztlichen Versorgung oder der Pflege im Alter.

Die Zukunft der Genossenschaftsbanken

Auch über die Bildung der Genossenschaftlichen Bankengruppe Südtiroler Raiffeisenkassen wurde diskutiert: Wichtig sei es neben der Nutzung der Synergiepotenziale vor allem, die genossenschaftlichen Prinzipien sowie eine weitgehende Autonomie im Sinne der Mitglieder und Kunden zu wahren. Der Mehrwert des "Lokalen", wo Menschen im Gebiet vor Ort beraten werden und für sie lokal produziert und entschieden wird, ist ein Vorteil, den es zu erhalten gilt. Denn dies stellt sicher, dass Verantwortung dort gelebt wird, wo sie getragen wird, und Wertschöpfung dort bleibt, wo sie entsteht. Das Raiffeisen-Modell ist somit ein Garant für gelebten Mehrwert für die Menschen vor Ort und das gesamte Tätigkeitsgebiet der einzelnen Raiffeisenkasse.

4.000stes Raiffeisen-Mitglied willkommen geheißen

Dass Genossenschaft für junge Menschen nach wie vor attraktiv ist, zeigte sich am Ende der Veranstaltung. Mit Sabrina Pernthaler aus Brixen wurde das 4.000ste Mitglied der Raiffeisenkasse Eisacktal in der Runde willkommen geheißen – ein guter Beweis für das Fazit dieses Abends: Genossenschaft hat Zukunft!